NOZ 22.03.1997
Und die Hoffnung bleibt
Veranstaltung im Frauenbücher-Cafe „Mother Jones" - Von Maike Nitsche
Im Alter von 13 Jahren begann Gerhild Bitzer, Liedtexte zu schreiben und sie zu vertonen. Inzwischen hat die 27jährige ihr Musikstudium am Osnabrücker Konservatorium abgeschlossen und gemeinsam mit Ralf Beck das Duo „Samenkorn" gegründet.
Bei Auftritten wie im Osnabrücker Frauenbücher-Cafe „Mother Jones" singt und spielt die junge Liedermacherin am Klavier eigene Lieder und vertonte Gedichte von Mascha Kaléko (1907-1975). Als die gebürtige Hannoveranerin vor Jahren das Gedicht „Sozusagen grundlos vergnügt" von Mascha Kaléko zum ersten Mal las, war sie von der puren Daseinsfreude, die aus diesen Versen sprach, begeistert.
„Das berühmte Gefühl", „Weil du nicht da bist", „Memento" und „Das Ende vom Lied" sind weitere Gedichte der als „Großstadtlyrikerin" bezeichneten Autorin, die Gerhild Bitzer vertont hat. Sie ist jedoch nicht auf eine Autorin festgelegt: In ihrem Repertoire sind auch Zeilen von Hesse und Kästner.
Entscheidend bei der Auswahl der Gedichte ist der Augenblick, die spontane Faszination: „Themen, die einen sofort ansprechen", ist das wesentliche Kriterium. In Gerhild Bitzer's Liedern findet sich die gesamte Gefühlswelt wieder, die auch wie in dem Lied „So ein Tag" tiefe Niedergeschlagenheit umfaßt. Die positive, optimistische Grundstimmung der Texterin läßt aber ein Absinken in Hoffnungslosigkeit nicht zu.
Am Ende heißt es: „Komm, wir wollen tanzen, weinen, zuhören ..." Bei dem breiten inhaltlichen Spektrum sind die Arbeitsabläufe verständlicherweise nicht identisch: Die Lieder um Liebeslust, Beziehungsfrust, Plädoyers gegen einfaches SchwarzWeiß-Denken oder Machos entstehen manchmal in wenigen Stunden oder benötigen nach einem ersten Gedankengerüst bis zur endgültigen Fassung einige Jahre.